In der dritten und vierten Klasse ging ich zur Grundschule nach Schönhagen. Unser Lehrer, Herr Thormann kam aus Amelith. Da mit der Schule auch immer Wandertage auf dem Programm standen, sind wir eines Tages über die alte Schmacht von Schönhagen nach Amelith gewandert. Auf dem Weg kamen wir an den Kreuzsteinen vorbei.
Die Sage zu den Kreuzsteinen
Die Geschichte dazu damals: ein Kaufmannsehepaar war mit ihrem Kutscher auf dem Weg über die alte Schmacht nach Schönhagen, um den Bau der Kirche, den sie finanziell unterstützten, zu begutachten. Mitten im Wald wurden sie überfallen und der Kutscher gab Fersengeld, eilte nach Schönhagen und holte Hilfe. Als er mit Leuten aus Schönhagen zurück kam, fand man das Ehepaar tot. Zur Erinnerung daran, wurden die Kreuzssteine an dieser Stelle aufgestellt. Soweit die Geschichte von unserem Lehrer. Der Wanderausflug liegt 35 Jahre zurück, ob ich die Geschichte heute richtig wiedergegeben habe, kann ich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber ungefähr so ging sie. Bei dem Bau muss es sich um die vorherige Kirche gehandelt haben, die jetzige ist noch nicht alt genug, damit die Geschichte passen könnte.
In jedem Fall wollte ich heute zu den Kreuzsteinen. Ich habe im Internet recherchiert, wo sie genau stehen. Auf den Seiten, die ich dazu gefunden habe, gibt es weitere Sagen zu den Kreuzsteinen. Sie sollen auch schon nachts geglüht haben, als man sie weggeschafft hat!
Ein Weg, ein Ziel
Heute war es also soweit, in zerrissenen Jeans und Turnschuhen machte ich mich auf den Weg. Kann ja alles nicht so schwierig sein.

Also zog ich los. Ich parkte in Amelith auf dem Parkplatz am Ende der Ortschaft. Von dort aus ging es zu Fuß weiter. Schon nach 500m war kein von Menschen verursachtes Geräusch mehr zu hören, ab da war ich alleine mit der Natur. Der Weg ist gut ausgebaut, klassischer geschotterter Waldweg. Es geht bergauf, den ganzen Weg immer bergauf. An der ersten Gabelung bog ich nach rechts ab, wer sich hier aufmerksam umschaut sieht mehrere Wegweiser, auf denen die Kreuzsteine ausgewiesen sind.

Weiter geht es, natürlich bergauf. An der nächsten Gabelung steht natürlich kein Wegweiser, da ich mich auskenne, weiß ich, dass ich links herum muss. Der Ortsfremde wäre an dieser Stelle das erste Mal verloren.
Jetzt geht es parallel zu dem ersten Weg weiter, allerdings ein ganzes Stück weiter oben. Ich spare mir an dieser Stelle Worte über die Neigung des Weges. Der Weg macht am Ende eine Schleife, um dann wieder oben auf dem Kamm zurück zu führen. Kann man das nicht abkürzen?
Der erste Holzweg ist komplett zugewachsen. Mit Jeans und Turnschuhen bin ich hier nur Zeckenopfer. Mal schauen, wie der nächste Weg ausschaut.

Ein paar hundert Meter weiter der nächste Holzweg. Diesmal habe ich Glück, breite, nahezu frische Spuren von einem Holzrückfahrzeug. Kein hohes Gras, keine Zecken. Es wird abgekürzt, quer durch die Pampa.
Es geht steil bergauf, dafür bin ich sehr bald auf der Querstraße, der alten Schmacht. Jetzt geht es auf der alten Schmacht weiter, Richtung Schönhagen. Dies war der alte Handelsweg mitten durch den Wald vor hunderten von Jahren. Der Weg geht schurgerade durch den Wald.
Die Suche beginnt
Irgendwo hier müssten doch die Steine kommen. Ich habe im Internet gelesen, dass sie nicht direkt am Hauptweg stehen, sondern ein paar Meter in einem Nebenweg. Entweder habe ich das falsch interpretiert, oder falsch gelesen, zudem machte es mich stutzig, da ich mir sicher war, dass wir damals mit der Schulklasse auf dem Hauptweg an den Steinen vorbeikamen. Aber 35 jahre lassen einen auch an seiner Erinnerung zweifeln. Ich bin also den nächsten Weg rechts rein, 100m, keine Steine.
Dafür viele umgefallene Bäume. Hier oben fehlt verdammt viel Wald. Was ist, wenn ein Baum umgefallen ist und die Steine umgeworfen hat? Liegene Steine unter ein bisschen Gestrüpp, da kannst du einen halben Meter davor stehen und du wirst sie nicht finden. Andererseits waren sie von Amelith her ja ausgeschildert, dann müsste doch auch hier oben irgendwo ein Schild stehen.
Also weiter auf der alten Schmacht, Augen auf und suchen.
Und plötzlich, wie bestellt, hängt an einem Baum ein Wegweiser. Kreuzsteine 60m und ein Pfeil nach rechts.

Was heißt das? Hier ins Dickicht 60m reinschlagen, oder 60m weiter den Weg lang und dann rechts? In meiner Erinnerung standen die nahezu direkt am Weg, aber keine 60m tief im Wald. Ich entschied mich trotzdem für Variante 1 und kämpfte mich ins Dickicht. Nichts, keine Steine. Dann kann es ja nur Variante 2 sein. In meinem vorherigen Job musste ich oft Meter in Schritten abmessen, das kann ich nach wie vor ziemlich genau. Also 60m weiter die alte Schmacht hoch. Was soll ich sagen, genau nach 60m führte ein Weg rechts rein. Bingo, hier musste es sein. Meine Interpretation der Internetseite, dass sie eben nicht am Hauptweg stehen, schien sich zu bewahrheiten. Meine Kindheitserinnerung war also doch falsch.
Ich sah mich um. Keine Steine. Einen bewachsenen Holzweg 100m reingekämpft, keine Steine, dafür viel Gestrüpp. Doch umgefallen und überwuchert? Langsam lief mir die Zeit weg, denn ich musste langsam zurück. Also eine zweite Expedition um die Steine zu finden? Oder 50€ im Internet ausloben, wer den Standort genau zeigen kann. Ich wollte mir nochmal die Gegend beim Wegweiser anschauen, hatte ich sie übersehen?
Zur Sicherheit ging ich noch 20m die alte Schmacht weiter, nur um sicher zu sein, dass ich nichts übersehen habe. Dabei fand ich auf dem Weg dieses Schild.

Die alte Schmacht wird also auch vom Luchs als Weg genutzt.

Zum zweiten Mal ging ich an dieser Stelle in den Wald auf Spurensuche. Nichts. Keine blöden Steine. Ich gehe jetzt. Kack auf die Steine. Ich drehte mich um, Blickrichtung zurück zur alten Schmacht. Im drehen sah ich etwas, mitten im Gestrüpp…. Die Steine. Na also, geht doch. Mit einem Stock bahnte ich mir einen Weg, alles komplett zugewachsen.

Der Internetzugang ist hier oben so schwach (wozu brauche ich in der Nähe einer Großstadt LTE, was hier im Wald glaube verfügbar ist), dass ich mit meinem Handy keine genaue Position bestimmen kann.
51.711531, 9.511688 – ungefähr dort sollten sie zu finden sein. Direkt am Weg beim Hinweisschild steht eine Holzbank. Kann man eigentlich nicht verfehlen. Schaut man vom Hinweisschild in den Wald, muss man sich ein kleines bisschen nach links orientieren, das Schild zeigt quasi an den Steinen vorbei.

Der Weg zurück
Der Rückweg ist leicht, es geht ja komplett nur bergab. Ich nehme wieder die Abkürzung vom Hinweg, den Holzweg quer durch den Wald. An der Weggabelung, wo das Hinweisschild vorhin fehlte, fällt mir noch ein Schild an einem Baum auf. OK, Biber scheint es hier dann auch zu geben. Warum sonst sollte das hier wohl so heißen.

Zügigen Schrittes habe ich laut Google 8 km zurück gelegt, ich war 2,5 Stunden unterwegs. In den 2,5 Stunden habe ich nicht einen einzigen Menschen gesehen. Der Solling wird mit seinen Wäldern nicht umsonst das Spessart des Nordens genannt, hier findest du Ruhe und Abgeschiedenheit. Es war eine schöne Tour, die mir viel Freude bereitet hat.
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